Montag, 10. Oktober 2011

Einige Zeit ist vergangen

Ich habe lange keine geistigen Ergüsse gehabt, weil ich, wie schon beim letzten Posting wieder auf einer emotionale Achterbahn gefahren bin.

Trotzdem!

Alles was wir fühlen, hat immer zwei Teile. So empfinde ich es jedenfalls. Der Eine ist unser eigenes Gefühlserleben, das ungeachtet unserer persönlichen Eingeschränktheit für jeden von uns genau so real ist wie ein Auto, das uns niederfährt oder im "positiven" Sinn ein Millionengewinn in der Lotterie. Der zweite Teil ist der von vielen Menschen als objektiv angesehene Anteil, weil er von anderen auch wahrgenommen werden kann (z.B. Autounfall oder Millionengewinn). Dabei ist das blanker Unsinn. Die Wirkungsmächtigkeit eines Ereignisses ist von der  Beobachtbarkeit Außenstehender vollkommen unabhängig. Denn dann wäre der Zusammenstoss eines Viehhirten in der Serengeti mit einem Löwen ebenso irreal wie die Gefühle irgendeines Menschen, nur weil es niemand wahrnimmt außer der jeweils Betroffene (etc., siehe weiter unten!).

Aber ich will nicht abschweifen. Der letzte Absatz war nur intellektuelles Geschwafel im krampfhaften Versuch, das eigene Gefühlserleben in Worte zu fassen.

Letztlich geht es nur um Tod und um das Sterben, wobei der Tod ja nur das Endprodukt ist und mich eigentlich nicht beschäftigt. Aber wie ist es, wenn Du langsam aber sicher erstickst? Ich bin ja (hoffentlich noch lange) nicht soweit.

Dann ist ist alles nur blanke Angst: 

Ich war vor einer Woche, wie jedesmal in den letzten Jahrzehnten eine Woche auf einem Zen-Seminar im Stift Zwettl und bin im Moment versucht, in der Rückschau ganz melancholisch zu werden. Wie wunderbar ist es, eine Woche lang in Stille zu sitzen, wenn niemals das Gefühl (!?) der Atemnot auftaucht.

Diese Woche war ganz anders.

Zum ersten Mal habe ich mich hellwach und ohne intellektuellen Firlefanz dem eigenen Sterben ausgeliefert, es letztlich auch annehmen können. Diesem so verletzlichen Körper, in dem ich herumgetragen werde, habe ich in seiner Verletzlichkeit und darum letztlich auch Unvollkommenheit zugestimmt. Und trotzdem war da bei aller Gegenwärtigkeit einer wunderbaren Zeit die Angst.

Ja, es ist so.
Ich weiß nicht wie es weitergeht.
Alle Varianten sind möglich.
Ich schreibe dies alles, weil es mir wichtig ist, nicht nur im Strudel der eigenen Gefühle zu ersticken, sondern diesen im Aussprechen die Dumpfheit zu nehmen, sie ins Licht zu stellen.

Nur die Dunkelheit des Verborgenen ist gefährlich.
Das Licht ist wunderbar, denn es macht alles hell.

Donnerstag, 14. Juli 2011

5. Juli 2011

Lange nicht gequaselt, weil ich im Krankenhaus war und eine emotionale Achterbahnfahrt hinter mich gebracht habe:
Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens und mir ist bewusst, dass jeder Tag dieser Tag ist. Ich habe vom Arzt die Diagnose Lungenfibrose bekommen. Niemand weiß, woher das kommt und die einzige Therapie, die es gibt, ist die, welche Ärzte immer dann anwenden, wenn sie nicht weiter wissen: Cortison. Aber immerhin: Ich freue mich, wenn ich morgens aufwache und nicht husten muss und dass ich ganz objektiv in gar nicht so schlechtem Zustand bin, sprich, dass alle Werte mit Ausnahme des Röntgenbildes immer noch im Bereich des Normalen und damit nicht auffällig sind.
Und dennoch hat sich alles verändert. Nichts ist mehr selbstverständlich und der eingebildete feste Boden unter den Füßen ist plötzlich das, was er in Realität immer war: Ein schwankender Boden. Nur war all das bisher eine intellektuelle Übung und ist plötzlich Erfahrung.
Und es ist ganz seltsam: Es schreckt mich nicht einmal. Plötzlich hat das Leben eine Erfahrungsdimension des Gegenwärtigen, die im ganz positiven Sinn manchmal fast überwältigend ist. Das Vergangene hat nur Erinnerungswert und ist völlig unbeschwert und die Zukunft unendlich weit weg. Alle Menschen um mich erscheinen mit all ihren Mängeln so wie sie sind und es gibt für mich überhaupt keinen Grund mehr, irgend etwas daran auzusetzen.
Trotzdem!

Donnerstag, 23. Juni 2011

Lange nicht gequaselt

Habe jetzt lange nichts gequaselt, weil ich so mit Lesen und ebook-erstellen von C.G.Jung beschäftigt war. Lese gerade 'Die Archetypen und das kollektive Unbewusste', nachdem ich schon eine Reihe anderer Schriften (auch das Rote Buch, von dem ich schon eine ebookversion ohne die Bilder hergestellt habe) und auch seine Biographie gelesen habe.
Da ich die Schriften von Freud zum größten Teil kenne und auch um das Verhältnis der beiden weiß, stelle ich mir beim Lesen ständig die Frage, wie zwei wirklich gescheite Menschen, vor denen ich (den zwar nicht existierenden aber trotzdem) mit großem Respekt den Hut ziehe zu so unterschiedlichen Interpretationen der psychisschen Mechanismen kommen können. Beide haben offensichtlich sehr vielen Menschen geholfen, ein jeder eben auf seine Weise und alle Hilfsbedürftigen glaubten die von den beiden vermittelten Erklärungen und handelten entsprechend. Viele wurden gesund oder erlebten zumindest eine Erleichterung bei ihren seelischen Problemen und dies auf der Basis doch sehr unterschiedlicher Deutungen.

Ich suche immer und immer wieder Gründe, warum meine schon bei früheren Posting formulierten Annahmen über die Selbstgestaltung der Wirklichkeit doch nicht so ganz stimmen könnten und werde immer wieder mit der Nase darauf gestoßen, dass es gar nicht anders sein kann. Vielleicht stelle ich noch Texte mit unterschiedlichen Interpretationen der beiden zu sehr ähnlichen Phänomenen hier in diesen Blogg und dazu noch passende Texte aus den Confessiones des Augustinus, um einen dritten Blickwinkel zu zeigen, auch wenn ich mit diesem Text so meine Probleme habe.

Samstag, 4. Juni 2011

Vom Allgemeinen zum Besonderen

Ich habe da gestern ein eher allgemeines Statement angegeben und bin mir natürlich bewusst, dass das alles ziemlich abstrakt ist. Denn was bedeutet es schon, die eigene Erfahrung als Wirklichkeit zu bezeichnen oder noch spitzer formuliert, sich selbst zum  Mittelpunkt der Welt zu erklären. 
Doch ich meine es ernst. Kein Mensch ist in der Lage, wirklich beliebig die eigene Warte zu verlassen, die er doch mit sich selbst, all seiner Erfahrung, mit seiner Körperlichkeit und (siehe Erfahrung) mit allen seinen positiven und negativen Gefühlen einnimmt. Es ist natürlich möglich, sich die Position eines anderen denkend vorzustellen. Dies ist aber immer noch die eigene Vorstellung von der Position des anderen Menschen. Und damit sind wir wieder bei uns selbst.

Es gibt nun ganz besonders bemühte Menschen (und dies meine ich wirklich ernst), die sich bemühen, Wirklichkeit zu prüfen. Siehe BOAG . Die meinen es - so wie ich -  wirklich ernst und ich fürchte, dass sie übersehen, dass Wirklichkeit nicht überprüfbar ist (siehe oben) und ich glaube dass es sehr viele Menschen gibt, die sie noch weniger verstehen als mich. 

Warum bin Ich so penetrant und hacke so auf diesem Punkt der Ichbezogenheit herum? 
Ich tu das darum, weil nur das Akzeptieren der Tatsache, dass keiner von uns für sich Objektivität in Anspruch nehmen kann, das Gegenüber gleichwertig macht. Wenn wir diese Tatsache annehmen und auch noch den Wunsch des Gegenübers nach genausoviel Glück und Wohlergehen, wie wir es uns wünschen respektieren, können wir erst das Gespräch über die Unterschiede zwischen uns beginnen und uns dann vielleicht auch verstehen.

Donnerstag, 2. Juni 2011

Das ist der Anfang

Es gehört zu meinen tiefsten Grundüberzeugungen, dass die von mir wahrgenommene Wirklichkeit deshalb so ist wie sie ist, weil ich sie so wahrnehme und dass eine von meiner Wahrnehmung unabhängige Wirklichkeit nicht existieren kann, weil Wirklichkeit und Wahrnehmung untrennbare siamesische Zwillinge sind. Ich weiß aber auch, dass für alle anderen Menschen, bzw. überhaupt Lebewesen ganz genau dasselbe gilt. Ich nehme nur vorderhand die anderen Lebewesen aus meiner Betrachtung aus, weil es den Menschen bis zum heutigen Tage ungeachtet aller wissenschaftlichen Fortschritte nicht gelungen ist, mit anderen Lebewesen als denen der eigenen Spezies zu kommunizieren.
Diese Wirklichkeitswahrnehmung hat natürlich bei Menschen, die "gleichartigen" Interessensgruppen angehören eine mehr oder minder große Ähnlichkeit, abhängig davon, ob gemeinsame oder nur sehr individuelle Interessen davon betroffen sind. Insbesondere wenn eine ähnliche Wahrnehmung von gemeinsame Interessen stattfindet, tritt eine Folgewirkung ein, die aus meiner Sicht für all das unsägliche Elend verantwortlich ist, das bis zum heutigen Tag Menschen sich gegenseitig angetan haben: Diese Menschengruppen bezeichnen ihre "Wahr"-nehmung als Wahrheit und jede Abweichung davon wird in irgendeiner Form sanktioniert bis hin zu physischen und/oder psychischen Vernichtung.

Daraus folgt natürlich, dass Kommunikation zwischen Menschen, so selbstverständlich sie auch sein mag, immer unter der Randbedingung dieser Wahrnehmung von Wirklichkeit mit all ihren erfahrungsgeschichtlichen Hintergründen stattfindet. Es erscheint fast wie ein "Wunder" dass Gespräche über mehr als trockene Fakten überhaupt stattfinden können und selbst bei sogenannten trockenen "Fakten" sind aus meiner Erfahrung Konfliktsituationen bei weitem nicht ausgeschlossen, wobei ich hier nicht unterschiedliche Meinungen betrachte, sondern schlicht und einfach die unterschiedliche Wahrnehmung scheinbar "gleicher" Inhalte, weil diese nur dann gleich sind, wenn sie auch so wahrgenommen werden.

Trotzdem.
Damit ist für heute Schluss.